Tuesday, May 02, 2006

Google spielt die politische Karte gegen Microsoft

Hat Google auf einmal Angst vor Microsoft? Die kalifornische Internetgesellschaft hat den weltgrößten Softwarekonzern aus Redmond (Washington) in den vergangenen Jahren regelmäßig alt aussehen lassen.

Google bringt ein neues Programm nach dem anderen auf den Markt und dringt dabei zunehmend in die angestammten Geschäfte von Microsoft vor. Dagegen muß Microsoft immer wieder Rückschläge in seiner Produktentwicklung einstecken, jüngste Beispiele sind die Verzögerungen bei den neuen Versionen des Betriebssystems Windows und der Bürosoftware Office. Ein besonders wunder Punkt ist der Internetdienst MSN: Verzweifelt versucht Microsoft hier, im Geschäft mit der Internetsuche gegenüber Google Boden gutzumachen, verliert aber stattdessen weiter Marktanteile.

Google schaltet die Politik ein
Nun aber wähnt der klare Marktführer Google eine neue Bedrohung durch den bisherigen Außenseiter Microsoft und greift zu einem ungewohnten Mittel: Google schaltet die Politik ein und beklagt sich bei den Wettbewerbsbehörden über unfaire Methoden von Microsoft. Die Argumentation von Google erinnert an die langjährigen Kartellverfahren gegen den Softwareriesen: Im Kern wird Microsoft vorgeworfen, seine dominierende Marktstellung auf einem Gebiet auszunutzen, um mit einem anderen, viel schwächeren Produkt voranzukommen.

Der Fall Netscape ist das prominenteste Beispiel: Netscape war in den neunziger Jahren das dominierende Internetzugangsprogramm ("Browser"). Microsoft hat seinen Konkurrenten dann aber mit seinem eigenen Browser Internet Explorer in kurzer Zeit zur Bedeutungslosigkeit degradiert, vor allem durch die Verknüpfung des Explorer mit dem marktbeherrschenden Betriebssystem Windows.

Testversion ohne Suchmaschinen der Konkurrenz
Der Internet Explorer ist nun auch Teil der Auseinandersetzung mit Google: Microsoft hat vor wenigen Tagen eine Testversion seines neuen Internet Explorer 7 ins Netz gestellt. Dieser hat neben der Adreßleiste ein zusätzliches Feld für die Internetsuche, von wo aus der Nutzer direkt eine Abfrage starten kann, ohne zuerst auf die Internetseite einer Suchmaschine wie Google, Yahoo oder MSN wechseln zu müssen.

Zum Aufschrei bei Google hat nun geführt, daß dieses Suchfeld beim Explorer 7 in der Grundeinstellung ausschließlich MSN nutzt. Microsoft leitet damit die Nutzer seines Browsers auf die MSN-Seite, was dem Unternehmen zusätzliches Geschäft bringen kann. Auf MSN bekommen die Nutzer nämlich Anzeigen präsentiert, die zu ihren Suchanfragen passen, und je öfter diese Anzeigen angeklickt werden, umso mehr Umsätze erzielt Microsoft.

Die Suchbox neben dem Adreßfeld ist keine Erfindung von Microsoft. Konkurrierende Internet-Browser wie Firefox oder Opera haben ebenfalls ein solches Feld, und dieses ist sogar vorab auf Google eingestellt. Der Unterschied liegt aber nach Ansicht von Google in der Bedienungsfreundlichkeit: Bei Firefox kann leicht mit einem Klick von Google auf andere Seiten wie Yahoo gewechselt werden, während der Vorgang beim Explorer 7 mehrere Klicks erfordert. Microsoft bestreitet, daß der Prozeß zu umständlich sei und führt Nutzerstudien als Beleg an.

Google hat bislang lediglich informelle Gespräche mit dem amerikanischen Justizministerium sowie mit der EU-Kommission geführt. Es zeigt sich aber, daß Google zunehmend im Wettbewerb auch die politische Karte spielt. Das Unternehmen hat in jüngster Zeit auch seine Lobby-Bemühungen in Washington verstärkt.

Microsoft setzt auf Forschung und Entwicklung
Bislang ist Microsoft noch weit entfernt davon, eine Bedrohung für Google zu sein. Nach Angaben des Informationsdienstes Comscore hatte Google im März bei Internetsuchen in Amerika einen Marktanteil von 42,7 Prozent. Das waren noch einmal 6,3 Punkte mehr als im Vorjahr. An zweiter Stelle liegt Yahoo mit 28,0 Prozent, was einem Minus von 2,6 Punkten gleichkam. MSN war weit abgeschlagen auf dem dritten Platz mit 13,2 Prozent, im Vorjahr waren es noch 16,5 Prozent.

Auch die Geschäftszahlen von MSN sind bislang wenig beeindruckend. In der vergangenen Woche meldete Microsoft, daß MSN im dritten Quartal 2005/2006 (30. Juni) in die Verlustzone gerutscht ist. Nachdem es im Vorjahr noch einen Gewinn von 102 Millionen Dollar gegeben hatte, fiel diesmal ein Verlust von 26 Millionen Dollar an. Der Umsatz ist um 3 Prozent auf 561 Millionen Dollar geschrumpft.

Microsoft hat in den vergangenen Jahren erheblich in MSN investiert. Das Unternehmen hat seine eigene Suchmaschine entwickelt und stellt gerade auf eine eigene Technologie zur Plazierung von Anzeigen neben Suchergebnissen um. Bei der Vorlage der Quartalszahlen hat Microsoft angekündigt, seine Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten auf breiter Front zu erhöhen, unter anderem für MSN. Die Aussicht auf höhere Kosten hat der Microsoft-Aktie am Freitag einen Kursrutsch um 11 Prozent beschert.

Microsoft kann bei Amazon punkten
Immerhin einen Erfolg konnte Microsoft in seinem Internetgeschäft verbuchen. Der Internethändler Amazon.com hat vor wenigen Tagen seine Partnerschaft mit Google bei der Internetsuche gelöst und arbeitet stattdessen auf seiner Suchseite A9 mit Microsoft zusammen.

Im Geschäft mit den Internetzugangsprogrammen selbst ist Microsoft weiterhin klarer Marktführer, sieht sich aber in jüngster Zeit verstärkt Konkurrenz ausgesetzt. Der schärfste Rivale ist das Programm Firefox, das kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden kann. Firefox hat nach Angaben des Marktforschungsinstituts Net Applications im März erstmals einen Marktanteil von 10 Prozent in Amerika erreicht. Dagegen hat der Internet Explorer 3,9 Punkte verloren und liegt nun bei 84,7 Prozent.

Quelle: faz.net

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